Hannah Collins wurde 1956 in London geboren. Sie lernte an der Slade School of Fine Arts in London (1974–1978), reiste dann aber in die Vereinigten Staaten, um ihre Ausbildung über ein Fulbright-Stipendium abzuschließen (1978–1979). Aber zeitweilig war sie auch auf der anderen Seite des Pults tätig und lehrte an Schulen und Einrichtungen wie der UC Davis, California, dem Royal College of Art, London, und am Le Fresnoy – Studio national des arts contemporains, Roubaix.
Geübt in Fotografie, Video, Textarbeit und literarischer Arbeit setzt Collins diese Medien ein, um sozialhistorische Rahmen, geografische Standorte und biographische Momente zu erforschen. Ein Sujet oder Thema wird, sobald es identifiziert ist, oft über lange, zuweilen auch mehrjährige Zeiträume oder Zyklen hinweg erforscht. Indem sie Zeit aufwendet, um die zugrunde liegenden komplexen Zusammenhänge ihres Ansatzes zu enthüllen, zelebriert Collins das Leben, das Individuum. Über die künstlerische Verewigung und Kommunikation nähert sie sich einer Art des kollektiven Gedächtnisses an, womit ihr Werk eine unverwechselbare Stärke erreicht.
Der Gemeinschaftssinn ist gleichermaßen ein aktiver wie passiver Aspekt ihrer Arbeit. Von 1989 bis 2010 lebte sie in Barcelona, wo sie die verschiedenen einander ergänzenden und manchmal miteinander in Konflikt stehenden Identitäten aufsog, durch die das Kulturleben zergliedert wird. Einer ihrer Schwerpunkte ist die Gemeinschaft und Kultur der Roma, sowohl in Spanien als auch in Russland, die sie filmisch dokumentiert hat. Damit ihre Darstellungen wahr und aufrichtig sind, lebte sie für lange Zeiträume in dieser Gemeinschaft. Nach derselben intensiven Methode ging sie vor, als sie das Leben von Stammesgruppen im Amazonasgebiet von Kolumbien dokumentierte.
Neben der Nominierung für den Turner Prize 1993 gewann sie unter anderem den Spectrum-Preis des Sprengel Museums Hannover (2015), den European Photography Award (1991) und den Olympus Award (2004).
Collins’ Werk ist so verblüffend wie inspirierend und wurde in zahlreichen Ausstellungen in renommierten Einrichtungen gewürdigt, darunter die Tate Modern, das Centre Georges Pompidou, das MACBA Barcelona, das Reina Sofia Madrid, das Dallas Museum of Art, das Luxembourg Museum und das Sprengel Museum Hannover. Letzteres Museum beherbergte 2015 eine Retrospektive ihres Werks, die später auch im Camden Art Centre, London, und im Baltic Centre, Newcastle, gezeigt wurde. Begleitend zur Ausstellung erschien eine gleichnamige Monografie.
Zu neueren Initiativen gehört eine digitale Präsentation, die sie in Zusammenarbeit mit dem Musiker Duncan Bellamy erschuf und die in der Tapies Foundation Barcelona und im San Francisco Museum of Modern Art (2019) gezeigt wurde. Im Jahr 2020 kuratierte Collins im Turner Contemporary in Margate, England, die Ausstellung We Will Walk – Art and Resistance in the American South.
Die Künstlerin lebt und arbeitet derzeit in London und Almería, Spanien.