Olivier Strebelle wurde 1927 in Brüssel geboren. Der Sohn des bekannten Malers Rodolphe Strebelle studierte Keramik und Bildhauerei an der l’École nationale supérieure d’architecture et des arts décoratifs de La Cambre in der belgischen Hauptstadt. In der Stadt traf er auf Leitfiguren der belgischen Avantgarde und gründete gemeinsam mit Alechinsky, Reinhoud, Dotremont und Olyff „les Ateliers du Marais“. Das Atelier wurde zu einem wichtigen Zentrum der Cobra-Bewegung.
Bereits 1953 schlug er eine beeindruckende Lehrerlaufbahn ein, die in um die ganze Welt führte: Er unterrichtete an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen, der University of British Columbia in Vancouver (1961), der University of Iowa (1968), der University of Colorado Boulder (1977), der University of Atlanta und an der University of Philadelphia. Von 1984 bis 1987 hatte er den Lamar-Dodd-Lehrstuhl an der University of Georgia inne. Schließlich wurde er 1987 Mitglied der Belgischen Akademie der Schönen Künste.
Noch während seiner Zeit in Belgien erhielt er 1956 den prestigeträchtigen „Prix de Rome“ für Bildhauerei. Er widmete sich nunmehr ausschließlich dieser Kunst und gab die Keramik auf. Der persönliche Genuss sowie thematische Konsistenz prägen sein bildhauerisches Werk. Dieser Genuss barg bald ein gewisses Risiko, vor allem was den vom Künstler bevorzugten monumentalen Maßstab betraf. Die Skulpturen von Strebelle sind groß, weshalb die meisten seiner Kunstwerke im Freien, in der Natur, umgeben von potenziellen Betrachtern, aufgestellt sind. Ihre Brückenfunktion zwischen Mensch und Natur ist bewusst gewählt und zielgerichtet. Der Bildhauer nutzt die Natur als Inspiration – insbesondere ihre weichen Materialien wie Erde oder Schnee –, wobei sich die organisch-runden Linien zu einem Charakteristikum von Strebelles Großplastiken entwickelten. Für den Künstler war die Natur ein Schauspiel, das er durch seine Kunst hervorhob.
Dieses Schauspiel wurde von Strebelle auf der ganzen Welt gefeiert: in Washington mit Le Rire rentré (1973), in Singapore mit Between Sea and Sky (1985), in Saint Louis mit Protecting Eagle VI (1985), in Leuna mit Sur un grand pied (1998), in Moskau mit Enlèvement d’Europe (2002) und in Peking mit l’Allée des athlètes (2008). Diese internationale Reputation führte dazu, dass er bei einer Freiluftausstellung seiner Skulpturen in Paris mit dem Spitznamen „belgischer Picasso“ bedacht wurde. In seiner Geburtsstadt Brüssel sind viele seiner Kunstwerke, wie Confluence (1992), Phénix 44 (1994) und Flight in Mind (1995), zu Wahrzeichen der Stadt geworden. Letztere Skulptur wurde bei dem Terroranschlag 2016 am Flughafen Zaventem beschädigt. Anstatt das Kunstwerk zu restaurieren, wurde es mitsamt seinen Schrammen umpositioniert und wird nunmehr im Gedenken an die Opfer ausgestellt.
Strebelle verstarb 2017. 2021 wurde bei der Brüsseler Gemeinde Uccle beantragt, Haus (errichtet 1955) und Atelier (1958 angebaut) von Strebelle als Kulturerbestätte zu schützen.